Marvin WilloughbyJA, ICH WIL.
Marvin Willoughby ist Wilhelmsburger Basketball-Legende und Mitbegründer der Hamburg Towers, dem erfolgreichsten Basketballverein des Nordens. Er erblickte auf der Elbinsel das Licht der Welt, wurde hier entdeckt, musste aber immer woanders spielen, da es hier damals keinen richtigen Verein für ihn gab. Nach Stationen in Hamburg, spielte er später zusammen mit Deutschlands bekanntesten Basketballer Dirk Nowitzki in Würzburg. Danach ging es noch weiter in die USA. Nach einer Verletzung, die Marvin Willoughby zum Aufhören zwang. Jetzt arbeitet er in der Inselpark Arena der Hamburg Towers, die Wilhelmsburg über den Stadtrand hinaus bekannt und sympathisch machten.

Marvin Willoughby im Interview
IBA Hamburg: Marvin, du bist gebürtiger Wilhelmsburger – erzähl uns doch zu Beginn etwas über deinen Werdegang.
Marvin Willoughby: Ja, ich bin in Alt-Wilhelmsburg geboren – das ist uns Wilhelmsburgern wichtig, das zu betonen. In den späten 70ern bin ich dort aufgewachsen. Später hat mir der Basketball die Welt eröffnet. Ich wurde Profi, Nationalspieler, bin durch den Sport viel gereist – das war eine riesige Chance. Leider musste ich meine Karriere verletzungsbedingt früh beenden. Aber ich hatte immer das Bedürfnis, nach Hamburg – und vor allem nach Wilhelmsburg – zurückzukommen.
IBA Hamburg: Und noch heute managest du den Verein, aus dem die Hamburg Towers hervorgegangen sind?
Marvin Willoughby: Genau. Damals war das „Sport ohne Grenzen“, daraus wurde später die Stiftung „Hamburg Towers“. Mittlerweile spielen wir in der Bundesliga und der Europa-Liga. Was mir aber besonders wichtig ist: Wir arbeiten kontinuierlich mit Schulen und sozialen Einrichtungen zusammen. Unser Ziel ist es, jungen Menschen über den Sport Teamgeist, Verantwortungsgefühl und Gemeinschaft nahezubringen. Ich bin hier heute so etwas wie das Mädchen für alles, aber eher im Hintergrund. Mir ist wichtig, dass ich nicht als "Chef" wahrgenommen werde, sondern als Teil des Teams.
IBA Hamburg: Was verbindet dich persönlich mit Wilhelmsburg?
Marvin Willoughby: Ich bin hier groß geworden, im klassischen Hip-Hop-Klischee, so ein bisschen zwischen den Welten. Ich habe nie richtig irgendwo dazugehört – nicht ganz deutsch, nicht ganz afrikanisch, nicht weiß, nicht schwarz. Wilhelmsburg ist unglaublich divers, das hat mich geprägt – auch wenn ich früher unbedingt weg wollte. Aber als ich dann wirklich weg war, habe ich gemerkt, wie sehr ich Wilhelmsburg vermisse. Heute weiß ich: Ich möchte nirgendwo anders leben.

IBA Hamburg: Was macht Wilhelmsburg für dich besonders?
Marvin Willoughby: Es ist wie eine Insel in der Stadt – geografisch und manchmal auch mental. Es gab Zeiten, da wollten viele Hamburger nichts mit Wilhelmsburg zu tun haben. Wir waren abgeschottet, ein bisschen "vergessen" von der Stadt. Genau da setzen wir mit den Towers an: Wir wollen das Bild ändern, Menschen einladen, Brücken bauen – im wahrsten Sinne des Wortes. Und den Stolz zurückholen, dass man sagt: „Ich bin Wilhelmsburger.“
IBA Hamburg: Was macht das Leben hier so lebenswert?
Marvin Willoughby: Die unglaubliche Vielfalt! So viele Kulturen, Religionen, Geschichten – jeden Tag entdeckt man etwas Neues. Das inspiriert und bereichert. Es ist nie langweilig, und man lernt ständig dazu.
IBA Hamburg: Was zeichnet einen typischen Wilhelmsburger oder eine Wilhelmsburgerin aus?
Marvin Willoughby: Dass hier jede und jeder irgendwie seinen Platz hat. Gerade weil wir früher so isoliert waren, hat sich ein gewisses Selbstbewusstsein entwickelt. Die Menschen, die sich bewusst zu Wilhelmsburg bekennen, stehen mit Überzeugung dahinter. Und das macht diesen Stadtteil besonders.
IBA Hamburg: Die IBA plant in den nächsten Jahren rund 5.000 neue Wohnungen. Was sind deine Erwartungen an diese neuen Quartiere?
Marvin Willoughby: Ich hoffe, dass die neuen Bewohner offen und neugierig sind. Dass sie Lust haben, gemeinsam mit uns Wilhelmsburgern etwas aufzubauen – durch Sport, durch Begegnung. Unsere Hoffnung ist, dass sich alle schnell zu Hause fühlen. Ich wünsche mir, dass die Diversität wächst und Menschen miteinander in Kontakt treten – wie beim Mannschaftssport: Du spielst zusammen, unabhängig davon, woher du kommst.
IBA Hamburg: Welche Wünsche hast du darüber hinaus für die Entwicklung Wilhelmsburgs?
Marvin Willoughby: Bildung! Wir müssen für die nächste Generation Perspektiven schaffen. Als ich jung war, gab es viele Jugendliche, die keine Ziele hatten. Wenn wir es schaffen, dass Kinder und Jugendliche lernen, ihren Stadtteil zu schätzen und zu gestalten, dann haben wir viel gewonnen. Und ich wünsche mir, dass die Menschen miteinander reden, nicht nebeneinander her leben. In einer Welt, in der viele sich in ihren Handys verlieren, braucht es echte Begegnungen.
IBA Hamburg: Und wie könnte das gelingen?
Marvin Willoughby: Mit einem offenen, grünen Stadtteil. Mit Orten, an denen man sich trifft, miteinander spricht. Wilhelmsburg ist voller Brücken – sinnbildlich und real. Diese Brücken müssen wir nutzen, um aufeinander zuzugehen, unabhängig von Herkunft oder Aussehen. Nur so schaffen wir einen Stadtteil, in dem man wirklich gerne lebt.
IBA Hamburg: Zum Abschluss: Dein Lieblingsort in Wilhelmsburg?
Marvin Willoughby: Mein Büro – ich bin da wirklich gerne. Aber auch das Wasser hat es mir angetan. Ich bin hier aufgewachsen mit Kanufahren, kleinen Booten, diesem maritimen Gefühl. Die Elbe, der Deich, unser kleiner versteckter Strand – das sind für mich Orte, an denen ich auftanken kann. Aber pssst… nicht zu vielen weitersagen!