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Dr. Babette Peters
JA, ICH WIL.

Dr. Babette Peters ist von Haus aus Kunsthistorikerin und Kulturschaffende. Sie entwickelt Konzepte, berät Kultur- und Sozialprojekte und packt vor Ort mit an, wenn sie mit ihren Wilhelmsburger Alltagshelfer:innen von MINNA+WILLI im Stadtteil unterwegs ist. Zuvor hat Dr. Peters für Hamburg Leuchtfeuer gearbeitet, das Hospizprojekt auf St. Pauli. Danach entwickelte und leitete sie das Designzentrum „designxport“ in der HafenCity. Vor zwei Jahren hatte sie dann die Idee zu ihrem Herzensprojekt auf der Elbinsel.

Dr. Babette Peters im Interview

IBA Hamburg: Was verbindet Sie mit Wilhelmsburg?

Dr. Babette Peters: Ehrlich gesagt habe ich Wilhelmsburg erst richtig durch die Internationale Bauausstellung 2006-2013 entdeckt – oder besser gesagt: durch meine Reaktion auf sie. Als die IBA Hamburg angekündigt wurde, dachte ich zuerst: Moment mal, jetzt soll hier so ein großes Stadtentwicklungsprojekt stattfinden, und ich kenne die Insel gar nicht richtig. Da habe ich habe mir dann mit einem Freund das Fahrrad geschnappt, und wir sind regelmäßig einmal die Woche rübergefahren – über mehrere Wochen und Monate hinweg. Wir haben den Stadtteil Stück für Stück erkundet und kennengelernt. So ist mit der Zeit eine richtige Verbindung zu Wilhelmsburg entstanden.

IBA Hamburg: Was verbirgt sich denn hinter dem Sozialprojekt MINNA+WILLI?

Dr. Babette Peters: Das Projekt gibt es seit Juni 2023 – wir sind also seit ziemlich genau zwei Jahren auf der Straße unterwegs. Initiiert wurde das Ganze unter dem Dach des sozialen Trägers Passage in Hamburg, der zum Beispiel auch die Kleiderkammer Wilhelmsburg betreibt. Minna+Willi wird vom Europäischen Sozialfonds Plus gefördert und zusätzlich von der Stadt Hamburg kofinanziert. Die Förderung läuft über fünf Jahre und endet im Herbst 2027 – wir sind also jetzt etwa bei der Halbzeit.

IBA Hamburg: Wer ist die Zielgruppe des Projekts?

Dr. Babette Peters: Unsere Zielgruppe sind Menschen ab 60 – also Leute, die schon in Rente sind oder kurz davor stehen, aber trotzdem noch arbeiten möchten oder müssen. Viele haben keine hohen Renten, weil sie in Branchen wie Kultur, Handwerk, Gastronomie oder dem Taxigewerbe gearbeitet haben, oft nicht durchgängig angestellt waren und deshalb nur geringe Sozialbeiträge leisten konnten. Für diese Menschen wollen wir neue Möglichkeiten schaffen, aktiv und mit Einkommen am Leben teilzunehmen. Daher möchten wir die Menschen dabei unterstützen, mit kleinen Tätigkeiten in der Nachbarschaft einen Nebenverdienst zu erwirtschaften. Gleichzeitig geht es darum, Einsamkeit zu bekämpfen und soziale Teilhabe zu stärken.

IBA Hamburg: Wie funktioniert das konkret?

Dr. Babette Peters: Wir bringen Menschen mit Unterstützungsbedarf – also Kundinnen und Kunden – mit aktiven älteren Menschen zusammen, die helfen möchten. Das kann alles Mögliche sein: Einkäufe erledigen, Gardinen aufhängen, mal eine Fernbedienung reparieren, den Garten pflegen, Kinder betreuen oder kleinere Renovierungsarbeiten. Wir legen für die Helfenden – wir nennen sie „Akteure“ – ein Profil an und gleichen das mit den Anfragen ab. Dann vermitteln wir den Kontakt, und die beiden Seiten sprechen sich direkt ab.

IBA Hamburg: Welche Erwartungen haben Sie an die neuen Quartiere in Wilhelmsburg?

Dr. Babette Peters: Ich wünsche mir vor allem, dass Alt-Wilhelmsburger:innen und Neu-Wilhelmsburger:innen wirklich miteinander in Kontakt kommen – dass das nicht nebeneinander passiert, sondern ineinander übergeht. Wie bei einer Nähmaschine, wo sich die Fäden verbinden. Wenn das nicht gelingt, droht eine Art soziale Trennung – die einen sind „die Neuen“, die anderen „die Alten“. Das funktioniert auf Dauer nicht. Beide Seiten haben ein Recht auf Verbindung. Diejenigen, die hier schon lange leben, sollen sich nicht ausgeschlossen fühlen, und die, die neu hinzukommen, möchten ja auch ankommen, Anschluss finden und verstehen, warum dieser Stadtteil so besonders ist. Da kann MINNA+WILLI einen Beitrag leisten – über eine fest verortete Nachbarschaftshilfe in den neuen Quartieren. So ist es gemeinsam mit der IBA Hamburg geplant.

IBA Hamburg: Warum lebt es sich hier gut?

Dr. Babette Peters: Trotz der Probleme vielleicht, die es hier auch gibt. Das ist ein so wahnsinnig facettenreicher und lebendiger Stadtteil mit viel Grün vom Spreehafen bis zur Bunthäuser Spitze.

IBA Hamburg: Ihr Lieblingsort in Wilhelmsburg ist?

Dr. Babette Peters: Manchmal hat man ja so einen Ort, wo man sagt, da schlägt mein Herz höher. Das gilt bei mir fürs „O Atlantico“ – ein portugiesisches Restaurant in der Veringstraße, bei dem man köstlichen Fisch in toller Atmosphäre genießen kann.